Jahrzehntelange Erfahrung mit Katzen und trotzdem lernt man immer etwas Neues. In diesem Fall geht es um einen Darmparasiten, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, bis er bei einer Kotuntersuchung unserer Issi zufällig festgestellt wurde. Die Rede ist von Giardien. Dabei handelt es sich um Einzeller, die sich im Darm ihrer Wirte einnisten und dort, wenn die Bedingungen für sie günstig sind, so vermehren, dass es zu starken Durchfällen, Bauchkrämpfen und Erbrechen kommen kann. Das Problem bei Giardien ist, sie sind eigentlich überall. Auch bei der Auswahl ihrer Wirte sind sie kaum eingeschränkt. Ein häufiger Vertreter, die Giardia intestinalis, befällt Säugetiere und Vögel. Um sich einen neuen Wirt zu suchen, umgeben sich zwei Giardien mit einer schützenden Hülle und lassen sich über den Kot ausscheiden. Eingeschlossen in ihrer sicheren „Raumkapsel“ können sie wochenlang in Wasser und feuchten Böden überleben, bis ein nichtsahnender Wirt vorbei kommt und sie beispielsweise beim Trinken aufnimmt. Man kann ihnen also quasi nicht entkommen und daher beherbergen viele Tiere und Menschen diese Parasiten im Darm, ohne krank zu werden. Eine gesunde Darmflora scheint Giardien also problemlos in Schach halten zu können. Erst wenn die Darmflora gestört ist, beispielsweise nach Antibiotikaeinnahme, durch/nach Krankheit oder auch bei Jungtieren, deren Immunsystem noch nicht voll ausgebildet ist, kommt es zu den heftigen, übel stinkenden, zum Teil auch blutigen Durchfällen.
Unsere Therapie
Was macht man nun, wenn ein Tier befallen ist? Ähnlich wie bei Flöhen, muss man sowohl den Wirt als auch die Umgebung behandeln. Lasst uns mit der Umgebung anfangen. Die schlechte Nachricht zuerst: Die durch ihre Hülle geschützten Giardien lassen sich weder durch handelsübliche Haushaltsreiniger noch durch Chlor vollständig eliminieren. Jetzt die gute Nachricht: Sie vertragen kein heißes Wasser und heiße Temperaturen. Die meisten Tierärzte haben inzwischen Anweisungen zusammengestellt, was bei einem Giardienbefall zu tun ist. Der entsetzte Dosenöffner liest da beispielsweise, dass er täglich(!) die gesamte Wohnung und selbstverständlich sämtliche Gegenstände, mit denen das Tier in Berührung kommt, mit mindestens 65 Grad heißem Wasser zu reinigen hat. Klar, Katzenklos und Fressnäpfe kann man mit kochendem Wasser ausspülen (sollte man sich ohnehin angewöhnen), aber was ist mit den zumeist nur bei 30 Grad waschbaren Kuschelkissen, den Kratzbäumen und den Teppichen und Polstermöbeln in der Wohnung? KEINE PANIK! Es ist völlig unmöglich, die ganze Wohnung in eine sterile Ebola-Station zu verwandeln. Am wichtigsten ist es, das Tier, seine Liegeplätze sowie die Klos durch täglich ordentliche Reinigung bzw. Kissen- und Streuwechsel kotfrei zu halten. Folgendes hat sich bei uns bewährt:
- Das ideale „Reinigungsmittel“ ist ein Dampfreiniger. Wer keinen hat, die Anschaffung lohnt sich wirklich. Man muss ja nicht gleich ein mehrere hundert Euro teures Profigerät erwerben. Einfache sind bereits für ca. 40 EUR zu haben. Damit kann man auch später noch vom Kratzbaum über den Teppichboden bis zum Polstermöbel alles super umweltfreundlich ohne Chemie reinigen.
- Alternativ kann man natürlich seinen Tierarzt fragen, welches Desinfektionsmittel er verwendet. (Kann man dann über das Internet bestellen.) Allerdings sind die Mittel nicht billig und ich weiß nicht, ob alle Polster und Teppiche die zum Teil recht aggressiven Inhaltsstoffe aushalten. Wer sich dafür entscheidet, sollte unbedingt an der berühmten unauffälligen Stelle eine Probe machen.
- Die Kuschelkissen in alte Kopfkissenbezüge ziehen und diese täglich wechseln, dabei immer auf links abziehen und von links überziehen. So stellt man sicher, dass man den unsichtbaren Feind nicht unnötig verteilt. Die Kopfkissenbezüge dann so heiß wie möglich waschen.
- Wer einen Wäschetrockner hat ist im Vorteil. Da die Luft im Trockner auf 100 – 120 Grad erwärmt wird, lassen sich so auch Textilien „sterilisieren“, die nur bei 40 oder 30 Grad gewaschen werden dürfen. Bitte vorher die Waschanleitung lesen, ob trocknertauglich.
- Was tun bei Lederpolstern? Meine TÄ meinte dazu: „Ordentlich normal reinigen und dann abdecken“. Da die Giardien ja hitzeempfindlich sind, habe ich mich gefragt, ob es Sinn machen würde, die Polster vor dem Abdecken noch kurz auf höchster Stufe zu föhnen. Als einmalige Maßnahme, sollte das jedes Ledersofa eigentlich aushalten…
- Katzennäpfchen nach jeder Mahlzeit, mindestens 1x täglich mit kochendem Wasser reinigen und vollständig trocknen lassen.
- Katzenklos sollten eigentlich ebenfalls täglich mit kochendem Wasser gereinigt und komplett neu befüllt werden. Da bei uns ja niemand Durchfall hatte und da ich bei meinen vielen Katzen unmöglich jeden Tag sämtliche Klos reinigen konnte (es ging nicht nur um die Zeit, sondern auch um die Abfallmenge), habe ich für uns diesen Kompromiss gefunden: Verklumpte, benutzte Streu mindestens 1x täglich großzügig entfernen (ich habe mir dafür eine extrafeine Streuschaufel gekauft). Nur bei Kotresten an den Klowänden etc. habe ich das Klo vollständig entleert, mit kochendem Wasser gereinigt und frisch befüllt – bei der Reinigung die Schaufeln nicht vergessen! Wer nur ein Tier hat oder wenn das Tier unter extremen Durchfall leidet, kann/sollte sein/e Klo/s täglich komplett erneuern. Dabei so wenig Streu einfüllen wie möglich, da es ja am nächsten Tag ohnehin entsorgt wird.
- Bei der ganzen Reinigungsorgie nicht das Tier selbst vergessen. Bei starkem Durchfall bleibt erfahrungsgemäß etwas im Fell kleben, was schnellstmöglich entfernt werde sollte. Die wenigsten Katzen lassen sich gerne baden. Man kann daher versuchen den Kot VORSICHTIG mit einem feuchten, heißen Tuch oder auch einem der wirksamen Desinfektionsmittel zu entfernen.
- Es empfiehlt sich übrigens bei der Reinigung Gummihandschuhe zu tragen, nicht nur, weil man diese hinterher auch einfach „dampfreinigen“ oder desinfizieren kann, sondern weil bei dem Hantieren mit dem heißen Wasser schon mal der eine oder andere Spritzer daneben gehen und man sich verbrühen kann.
Jetzt zur Behandlung des Tieres: Der Tierarzt wird in diesem Fall Panacur® verordnen. Dabei werden 5 Tage Tabletten eingegeben, dann gibt es 3 Tage Pause und dann noch einmal 5 Tage Tabletten. Die ganze Behandlung dauert demnach 13 Tage. Dabei sollte man sich bewusst sein, das Panacur ein Gift ist, das im ungünstigsten Fall selbst die Darmwände schwer schädigen kann. Da bei uns keine Symptome aufgetreten waren, habe ich mich für eine alternative Behandlung und den Aufbau der Darmflora mit Usniotica der Firma Pernaturam entschieden. Das erschien mir irgendwie logischer, da man den Giardien ohnehin nicht entkommen kann. Die Katzen fanden das Zeug entsetzlich, aber man muss nur wenige Milliliter (Isfrid bekam 2x täglich 0,2 ml und die anderen 1x tgl. 0,3 ml) geben und zum „Nachspülen“ gab es dann einige Milliliter des beliebten ReConvales.
Jeder Besitzer muss selbst wissen, wie sein Tier behandelt werden soll. Wer sich für die Panacur-Anwendung entscheidet, muss danach unbedingt die natürliche Darmflora wieder aufbauen!! Sonst haben die Giardien bei der nächsten Gelegenheit – und die kommt garantiert – ein noch leichteres Spiel sich festzusetzen und hemmungslos zu vermehren. Es gibt mehrere Mittel, die man entweder beim Tierarzt oder im Internet bestellen kann. Bene Bac® (das Pulver ist praktischer als das Gel) hat zwar mehr Milchsäurebakterien zu bieten als Bactisel®, das nur Bakterien der Gattung Enterococcus faecium (Cylactin) enthält, ist aber fast 10x so teuer. SymbioPet ist eine weitere Alternative und enthält keine Lactose oder Milcheiweiß. Dieses Mittel ist immer noch erheblich teurer als Bactisel, aber man kann beim Tierarzt kleine Briefchen bekommen. Ich habe auch schon das Menschenmittel Pro Symbioflor (die grüne Sorte und natürlich entsprechend niedriger dosiert) bei unterschiedlichen Katzen mit Erfolg ausprobiert. Da bei sehr starkem Durchfall viel Flüssigkeit und auch wichtige Nährstoffe ausgeschieden werden, unbedingt darauf achten, dass die Katze genug trinkt und ggf. zusätzlich Elektrolyte in Wasser auflösen und mit der Spritze eingeben. Einen kleinen Vorrat an unterschiedlich großen Spritzen (10, 5, 2 und 1 ml) solltet ihr immer im Haus haben (siehe „Hausapotheke„). Damit kann man alle möglichen Medikamente viel gezielter verabreichen als wenn man sie unter das Futter mischt – was dann garantiert nicht gefresen wird.
Einige Tierärzte verschreiben auch ein Antibiotikum mit dem Wirkstoff Metronidazol, der äußerst bitter schmeckt und zu Schaum vor dem Maul und Erbrechen führen kann. Dieser Wirkstoff ist wegen seiner Nebenwirkungen die zweite Wahl, kommt aber meist zum Zuge, wenn die Panacur-Behandlung erfolglos war. Ich bin zwar weder Tierarzt noch Pharmazeut, aber mir will der Einsatz eines Antibiotikums nicht einleuchten. Damit macht man doch endgültig alles nieder, was von der Darmflora noch übrig geblieben ist. Sollte die erste Panacur-Behandlung keinen Erfolg bringen, würde ich euch daher dringend raten, von einer weiteren Runde und/oder dem Einsatz von Metronidazol abzusehen und lieber auf Usniotica umzustellen. Fragt den Tierheilpraktiker eures oder meines Vertrauens. 😉